Muss man falsch überwiesenes Geld dem Jobcenter zurückgeben?

Wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auszieht und dem Jobcenter sein neues Konto benennt, muss es keine Rückforderung wegen falsch überwiesenem Geld leisten.

Schon das gewöhnliche Verhältnis zwischen Jobcenter und einer Hartz IV leistungsberechtigten Person kann sehr kompliziert werden. Vermögen, Nebenjob, Bewilligungszeitraum, Mietkaution, Sanktionen und Rückzahlung überzahlter Nebenkosten – alles kann durcheinander geraten und am Schluss sieht man sich einer ungerechtfertigten Rückforderung des Jobcenters ausgesetzt.

Mit dieser Situation sah sich ein junger Mandant von mir konfrontiert. Bei ihm kam erschwerend dazu: Er lebte noch bei seiner Mutter und allein deren Konto war dem Jobcenter bekannt. Da die beiden eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, ist das rechtlich kein Problem. Und auch finanziell war niemand beschwert, da die beiden schließlich beisammen lebten.

Mein Mandant hatte nun jedoch seine Ausbildung beendet und wollte mit deren Abschluss auch in eine neue Wohnung ziehen. Vor dem Umzug hatte er das Jobcenter informiert und gesagt, dass er sein Geld zukünftig auf sein eigenes Konto überwiesen bekommen haben will. Aufgrund einer intern verzögerten Bearbeitung überwies das Jobcenter jedoch noch ein Mal die monatliche Leistung meines Mandanten auf das alte Konto der Mutter. Eindeutig falsch überwiesenes Geld also!

falsch überwiesenes Geld
Wenn das Amt vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht, geht manches verloren. (Foto: Alex Smith)

Erst falsch überwiesenes Geld, dann ein böser Brief vom Jobcenter

In den Briefkasten meines Mandanten flatterte einige Zeit darauf die Aufforderung des Jobcenters, das fälschlicherweise an die Mutter gezahlte Geld zurückzuzahlen. Dieser war reichlich erstaunt und besorgt. Seine Mutter hatte niemals gesagt, dass sie zu viel Geld erhalten hatte. Sie und mein Mandant verstanden sich auch nicht mehr gut, sodass er nichts über den Verbleib der überzahlten Leistungen herausfinden konnte. Woher nun das Geld für die Rückzahlung nehmen?

Am besten gar nicht der Aufforderung des Jobcenters folgen! So sagte es sich glücklicherweise auch mein Mandant. Gemeinsam konnten wir die Forderung des Jobcenters in einem Verfahren beim Sozialgericht Berlin abwehren (Az. S 144 AS 7065/11).

Hinweis: Diese häufiger auftauchenden Fälle haben alle ihre jeweiligen Besonderheiten. Man kann daher nicht generell sagen, dass ausziehende Kinder nichts zurückzahlen müssen. Es zählt der Einzelfall, aber oft gibt es genug Möglichkeiten, eine Erstattungsforderung zurückzuweisen!

Darf mein Vermieter mit dem Jobcenter sprechen?

Der Bezug von Hartz IV ist ein Sozialgeheimnis, welches das Jobcenter zu schützen hat. Telefonischer oder brieflicher Kontakt zum Vermieter ist deshalb tabu. Darf trotzdem mein Vermieter mit dem Jobcenter sprechen?

Manchmal läuft es eben nicht so. Job futsch, Partner weg – Geld und Liebe sind knappe Waren. Es tauchen dann zwei Gegner auf (neben dem/der Ex), das Jobcenter und der/die Vermieter:in. Der eine hat Geld, der andere will es. Am schlimmsten ist es aber, wenn sich beide zusammentun. Sie verbünden sich. Jedenfalls sieht es danach aus.

Der Retter aus der Not: das Bundessozialgericht. Es hat bereits mit Urteil vom 25.01.2012 (B 14 AS 65/11 R) festgestellt, dass es dem Jobcenter untersagt ist, mit dem/der Vermieter:in einer Hartz IV leistungsberechtigten Person, ohne deren Zustimmung Kontakt aufzunehmen. Das gilt für Schreiben wie für Telefongespräche. Denn mit der Kontaktaufnahme offenbart das Jobcenter die Arbeitslosigkeit und den Leistungsbezug der Person. Und dabei handelt es sich um Sozialgeheimnisse, die nur die Leistungsberechtigten selbst etwas angehen.

Darf mein Vermieter mit dem Jobcenter sprechen?
Alle Fotos: Andrea Piacquadio

Das Gericht führt weiter aus: Nach den auch für das SGB II geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften habe jede:r Anspruch darauf, dass die ihn/sie betreffenden Sozialdaten von den Jobcentern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Das Jobcenter könne eine Befugnis zum Offenbaren der Sozialdaten auch nicht damit rechtfertigen, dass dies erforderlich gewesen sei, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen. Das Jobcenter müsse in jedem Fall die schutzwürdigen Interessen der Leistungsberechtigten beachten und hätte deshalb vor einer Kontaktaufnahme mit Dritten zunächst deren Einverständnis einholen müssen.

Wann darf mein Vermieter mit dem Jobcenter sprechen?

Eine kleine Hintertür bleibt dem Jobcenter allerdings. Ermächtigt sie das Gesetz ausdrücklich, Erkundigungen über eine:n Leistungsbezieher:in bei Dritten, sind sie auf der sicheren Seite. Das Einverständnis der Leistungsberechtigten wird dann nicht benötigt. Das ist aber nicht der gesetzliche Regelfall.

Teurere Wohnung trotz Hartz IV: 8 Praxisfälle, wo das ging!

Hartz IV Leistungsberechtigte dürfen nicht ohne Zustimmung des Jobcenters in eine neue, teurere Wohnung ziehen. Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen.

Zwar ist es niemandem mit Hartz IV Bezug im rechtlichen Sinne verboten, sich eine neue Wohnung zu suchen und umzuziehen. Der Prüfdienst des Jobcenters wird Ihnen nicht die Tür verbarrikadieren. Jedoch besteht das große Problem, dass das Jobcenter unter Umständen nicht verpflichtet ist, ihnen die neue Miete zu bezahlen, falls diese höher ausfällt als bisher. Bei „nicht erforderlichen Umzügen“, so heißt es in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bekommen Sie also im schlimmsten Fall nur Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der alten Miete gezahlt. Die Differenz müssen Sie selbst zahlen. So entstehen leicht Mietschulden.

Das lässt sich vermeiden. Einmal beauftragte mich beispielsweise eine Frau, die innerhalb derselben Stadt in eine leicht teurere Wohnung umgezogen war. Das Jobcenter wollte ihr daher die Differenz zur alten Miete nicht zahlen. Doch konnten wir im Verfahren beim Sozialgericht das Jobcenter überzeugen, dass der Umzug berechtigt war. Die Frau war nämlich in ihrer alten Wohngegend von Jugendlichen beleidigt, gestalked, geschubst und anderweitig körperlich bedroht wurde. Das entsprechende Wohnviertel war bereits seit einiger Zeit ordnungspolitisch in die öffentlichen Schlagzeilen geraten. Hinzu kam, dass der Vermieter auf Mangelbeseitigungsanforderungen (Wasserschäden, Einbruch in den Keller) nicht reagierte. 

Teurere Wohnung trotz Hartz IV, mit etwas Recherche klappt das vielleicht
Alle Fotos: Ketut Subiyanto

Weitere Fälle aus der Praxis, wo eine teurere Wohnung okay war:

  1. Umzug in ein anderes Gebiet (Bundesland, Region, Stadt; es kommt darauf an, ob sich der kommunale Mietenvergleichsraum ändert; BSG, Urteil vom 01.06.2010 – B 4 AS 60/09 R)
  2. Wohnung zu klein, zum Beispiel bei Einzug eines Partners oder Geburt eines Kindes
  3. Wohnung nicht behinderten- oder altersgerecht, aber es besteht ein entsprechender Bedarf
  4. Unzumutbarer Wohnungszustand (dauernder Schimmel, kaputte Elektrik, Einsturzgefahr, etc.; SG Berlin, Beschluss vom 04.11.2005 – S 37 AS 10013/05 ER) – Achtung: zunächst ist ein Vorgehen gegen den Vermieter erforderlich!
  5. Erheblicher Konflikt mit anderen Hausbewohner:innen, Streitschlichtungsversuche waren erfolglos (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.06.2007 – L 28 B 676/07 AS ER)
  6. Persönliche Pflege eines nahen Angehörigen, die eine Präsenz im Nahbereich erfordert
  7. Zustimmung des Jobcenters für Wohnungswechsel

Das ist nur eine unvollständige Aufzählung von Gründen, die für einen berechtigten Umzug in eine teurere Wohnung sprechen. Viele weitere sind denkbar, es kommt nur auf die besondere Wichtigkeit an. Wenn Sie sich unsicher sind, stellen Sie vorher einen Antrag beim Jobcenter. Eine echte Voraussetzung für den Umzug und die Übernahme der neuen Miete ist das zwar nicht. Aber es hilft, dass Sie in der neuen Wohnung nicht aus allen Wolken fallen. Mit dem (Negativ-) Bescheid des Jobcenters können Sie dann auch gerne in meine Beratung kommen!

Hartz IV-Sätze zu gering für Schulmaterialien

Das Bundessozialgericht entschied am 08. Mai 2019: 100 Euro pro Jahr sind zu wenig für Schulbücher – Kinder von Arbeitssuchenden werden benachteiligt!

Die Hartz-IV Gesetze verstoßen nach der Meinung des LSG teilweise gegen die Verfassung. Auch Kinder von Jobcenter-Kunden müssen gleichberechtigt am Schulunterricht teilnehmen können. Dafür reichen die vorgesehenen 100 Euro pro Jahr und Kind nicht aus.

Klägerinnen brauchten Schulmaterialien für die Oberstufe

Geklagt hatten drei Schülerinnen der Oberstufe. Sie brauchten für den Unterricht am Gymnasium unter anderem grafikfähige Taschenrechner sowie Schulbücher. Dabei ging es um eine Summe von bis zu 330 Euro.

Jobcenter gewährte nur 100 Euro

Die Jobcenter hatten den Schülerinnen aber nur eine Schulbedarfsleistung in Höhe von 100 Euro gewährt. Dagegen klagten die Schülerinnen und machten geltend, dass die gewährten Leistungen des Jobcenters nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genügten. Um gleichberechtigt am Schulunterricht teilnehmen zu können, müssen die Kinder alle nötigen Materialien besorgen können.

Teilhabe am Unterricht nicht möglich

Die Sozialgerichte der ersten Instanz in Lüneburg, Hannover und Hildesheim gaben noch dem Jobcenter Recht. Doch die Schülerinnen gingen in Berufung. Das Landessozialgericht Celle stärkte nun ihre Rechte und stellte fest, dass die Schulmaterialien nicht aus den Regelleistungen zu bezahlen seien. Das Bundessozialgericht hat die Entscheidung bestätigt. Tipp: Wenn Ihnen das Gleiche passiert ist, sollten Sie trotzdem in Widerspruch und Klage gehen mit Hinweis auf dieses tolle Urteil.

Jobcenter muss rückständige Miete nicht erst bei Räumungsklage zahlen

Das Bundesverfassungsgericht am hat 01. August 2017 an einige Sozialrichter im Land eine klare Ansage gemacht!

Folgende Fälle sind häufig in der Praxis: Das Jobcenter zahlt die Miete nicht. Der „Kunde“ erhebt Widerspruch. Das dauert. Er braucht die Miete aber sofort. Also geht er zum Sozialgericht und will seine Leistung im Eilverfahren durchsetzen. Das Sozialgericht gibt ihm in der Sache vielleicht Recht, weil der Anspruch auf die Miete besteht. Aber das reicht in einem Eilverfahren nicht. Man braucht noch eine Notlage.

Einige Sozialrichter sahen diese Notlage erst, wenn der Vermieter eine Räumungsklage eingereicht hat. Diese Ansicht war zwar im Streit und nicht alle Richter sahen es so. Aber eben auch nicht wenige.

Damit ist jetzt Schluss. Denn seit BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 01. August 2017 – 1 BvR 1910/12 ist dieser Unfug begraben.

Das Gericht sieht damit die Garantie des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs. 4 Grundgesetzverletzt. Denn wenn man notwendige Mietzahlung so lange verzögert, verschlechtert sich das Verhältnis zu dem Vermieter und veranlasst diesen, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Damit ist dann zu befürchten, dass dem „Kunden“ die Kosten einer Räumungsklage auferlegt werden.

Und genau das soll ein sozialrechtliches Eilverfahren doch gerade verhindern. Klare Kante gegen eine unsoziale Rechtsprechung in einigen Bundesländern!

Kosten für Räumungsklage als Hartz-IV-Leistung?

Der folgende Fall ist gar nicht untypisch in der Praxis:

Der Mieter bezog seit langer Zeit Hartz IV. Auch die Miete sowie die Nebenkosten wurden vom Jobcenter übernommen. Wegen angeblicher fehlender Mitwirkung in einem vom Jobcenter eingeleiteten Rentenverfahren strich es dem Mieter sämtliche Leistungen. Auch die Miete wurde nicht mehr gezahlt! Es entstanden Mietrückstände. Daraufhin kündigte der Vermieter den Mietvertrag und erhob Klage gegen den Mieter auf Räumung der Wohnung. Glücklicherweise wurden später die Mietrückstände ausgeglichen und die Räumungsklage zurückgezogen! Die Kosten dafür wurden aber trotzdem dem Mieter in Rechnung gestellt.

Kosten für Räumungsklage sind grundsätzlich keine Kosten der Unterkunft 

Der Mieter verlangte die Kosten dann vom Jobcenter zurück. Warum? Weil sie ihm gar nicht gestrichen hätten  Denn er war der Ansicht, dass es auf die Mitwirkung seinerseits nicht ankam.

Das Jobcenter verweigerte die Zahlung. Nach dessen Ansicht gehören zu den Aufwendungen für die Unterkunft in erster Linie alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben. Kosten für eine Räumungsklage jedoch nicht.

Bei Fehlern des Jobcenters sind Kosten für Räumungsklagen als einmalig anfallende Bedarfe der Unterkunft zu berücksichtigen

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg sah das anders. Es hat in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2017 (Az. L 9 AS 1742/14) die Kosten für eine vom Vermieter erhobene Räumungsklage als Hartz IV-Leistung anerkannt!

Jedenfalls, wenn das Jobcenter die Hartz IV-Leistungen zu Unrecht nicht erbracht hat. Es hätte dem Mieter die Kosten für die Unterkunft nicht streichen dürfen. Das Gericht folgte daher der Ansicht des Mieters. Diesen traf an dem Entstehen der Mietrückstände daher keine Schuld. Vielmehr war das Jobcenter dafür verantwortlich. Dieses müsse dann eben auch die Kosten für die Räumungsklage tragen. Die Kosten sind im Zusammenhang mit dem Bedarf an Wohnraum angefallen. Sie stellen daher Unterkunftskosten dar.

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Fehler des Jobcenters müssen Hartz-IV- Bezieher zumindest in dieser Hinsicht nicht mehr selbst ausbügeln. Wieder einmal zeigt sich, dass man sich mit falschen Entscheidungen des Jobcenters nicht einfach abfinden sollte. Es bleibt abzuwarten, ob in Zukunft auch weitere Gerichte so entscheiden werden. Das Landessozialgericht hat übrigens die Überprüfung der Entscheidung zugelassen. Das Bundessozialgericht könnte die Entscheidung daher noch kippen.

Hundehaftpflicht keine Absatzmöglichkeit bei „Aufstockern“

Aufstockende Hartz 4 – Empfänger mit Hund sind am 08. Februar 2017 vom Bundessozialgericht (BSG) enttäuscht worden. Das Gericht hatte einen schon in den NRW-Vorinstanzen gegen die Klägerin entschiedenen Fall bestätigt. Diese hatte „aufstockend“ Hartz 4 empfangen, also Einkommen bezogen und vom Jobcenter Leistungen erhalten. (Az. B 14 AS 10/16 R)

Das BSG hatte die Frage zu beantworten, ob die Hundehaftpflicht vom Einkommen abzusetzen ist. Dann hätte die „Aufstockerin“ weniger Einkommen auf ihr Hartz 4 anzurechnen gehabt. Umgekehrt hätte sie „mehr“ Grundsicherung erhalten. „Mehr“ ist nur die halbe Wahrheit, denn die Hundehaftpflicht war gesetzlich vorgeschrieben und stand der Klägerin sowieso nicht mehr zur Verfügung. Es ging um ca. 15,00 Euro.

Begründet hatte das BSG die Entscheidung so: In § 11b SGB II stehen die gesetzlich vorgesehenen Absatzbeträge. Da stehen auch „Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben […] sind“. Das Gesetz selbst könnte also der Klägerin recht geben!

Das BSG hat dem Gesetz aber einen Zweck „abgelauscht“: „Danach sollen nur solche Versicherungen, die einen spezifischen Bezug zu den Zielen des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch aufweisen, vom Einkommen abgesetzt werden können, so zum Beispiel die Gebäudebrandversicherung, weil sie dem Wohnen dient, oder die Kfz-Haftpflichtversicherung, weil durch ein Auto die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtert wird.“ (so die Urteilsbegründung)

Die Entscheidung ist nach m. A. nach nicht richtig wegen des klaren Wortlauts, welcher eine solche Differenzierung bei Versicherungsbeiträgen nicht kennt. Auch andere in § 11b Abs. 1 SGB II genannte Absatzbeträge kennen den vom BSG unterstellten strengen Bezug zum Einkommen nicht. Die Absatzbeträge wegen zu zahlendem Unterhalt oder ganz allgemein der Freibetrag von 100,00 Euro nach Absatz 3 der Vorschrift haben diesen Bezug jedenfalls nicht. Aber so ist wohl hier vorerst das letzte Wort gesprochen.

Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters für die Miete mit Klage angreifbar!

Eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 15. Mai 2016 (Az.         B 4 AS 36/15 R) erleichtert Hartz IV Betroffenen die Abwehr gegen sogenannte „Kostensenkungsaufforderungen“ bezüglich „unangemessener Kosten der Unterkunft“ vom Jobcenter.

Solche Absenkungsforderungen erhalten Leistungsempfänger, wenn ihre Miete nach den Kriterien des Jobcenters zu teuer ist. Man hat dann eine gewisse Zeit, die Miete zB durch Untervermietung oder Verhandeln mit dem Vermieter (leuchtet ein, nicht wahr?) zu senken. Tut man dies nicht, wird nur noch die nach Jobcenterregeln angemessene Miete bezahlt und nicht mehr die vollständige.

Praktisch kommt so eine Absenkungsforderung – wenn man sich die Differenz nicht aus dem Regelsatz abspart – also einem Umzugszwang gleich. Insbesondere bei Städten mit Wohnungsnot bedeutet dies die Ghettoisierung ganzer Bevölkerungsteile in die günstigeren Außenbezirke.

Man kann sich aber unter Umständen gegen eine solche Absenkung zur Wehr setzen. Nicht selten werden die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Absenkung von den Jobcentern missachtet und ich konnte gegebenenfalls vor Gericht die volle Miete erstreiten.

Das geht jetzt noch leichter. Bisher konnte man gegen solche Absenkungen nur über die Bewilligungsbescheide mit der geringeren Miete vorgehen. Das ist nach neuerer Rechtsprechung nicht mehr nötig. Man kann gegen die Absenkungsforderung selbst vorgehen und damit schon frühzeitig seine Argumente vortragen, um eine spätere Absenkung zu verhindern. Aus dem Terminsbericht:

„Nur durch eine Feststellungsklage kann hier dem verfassungsrechtlichen Gebot aus Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, Rechnung getragen werden. Weil existenzsichernde Leistungen im Streit stehen, ist es den Klägern nicht zumutbar, abzuwarten, ob und wann der Beklagte eine Kostensenkung vornimmt.“ Klage ist also sofort möglich. Freilich muss man auch gute Gründe gegen die Absenkung vortragen. Lassen Sie sich frühzeitig beraten.

Nachtrag: Urteil ist mittlerweile im Langtext veröffentlicht: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=188092

Jobcenter und Sozialamt streiten sich, keiner bewilligt!

Dieser vor dem Sozialgericht Berlin verhandelte Fall ist unglaublich, aber wahr: Der Mandantin war zunächst durch das Jobcenter Hartz IV bewilligt worden. Als ihr dann eine geringe Altersrente durch die Deutsche Rentenversicherung in Höhe von lediglich 160,00 € rückwirkend bewilligt worden ist, hob das Jobcenter sofort die Leistungen auf, obwohl der Mandanten noch gar keine Rente ausgezahlt worden ist.

Das Jobcenter schickte die Mandantin zur Aufstockung der Rente zum Sozialamt. Das Sozialamt wiederum schickte die Mandantin zurück zum Jobcenter und wies darauf hin, dass das Jobcenter bis zur ersten Auszahlung der Rente verpflichtet ist, Hartz IV zu bewilligen und verwies insoweit auf interne Verwaltungsvorschriften beim Jobcenter.

Obwohl die Mitarbeiter des Jobcenters an diese internen Verwaltungsvorschriften gebunden sind, schickte das Jobcenter die Mandantin wieder zum Sozialamt und wies darauf hin, dass nun doch das Sozialamt für die Mandantin zwecks Aufstockung ihrer geringen Rente zuständig sei.

Als die Mandantin ihren Rechtsanwalt daraufhin einschaltete, handelte dieser sogleich. Gegen die fehlerhafte Aufhebung des Hartz IV durch das Jobcenter erhob der Rechtsanwalt Widerspruch und beantragte zugleich die Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens beim Sozialgericht Berlin. Auch noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren war das Jobcenter der Auffassung, richtig gehandelt zu haben. Erst das Sozialgericht Berlin gab der Frau Recht und erließ im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einen stattgebenden Beschluss. Das Jobcenter hatte dann endlich die Erkenntnis gewonnen fehlerhaft gehandelt zu haben und gab im Nachgang auch dem Widerspruch statt.

Doppelter Gehaltszufluss in einem Monat = 2 x Freibetrag bei der Einkommensanrechnung auf Hartz IV

Bei der bedarfsmindernden Berücksichtigung von Erwerbseinkommen auf die Höhe des Hartz IV Leistungssatzes ist grundsätzlich der Zufluss für die Anrechnung entscheidend. Wird also das Gehalt am 31.12.2014 ausgezahlt, so mindert es das Hartz IV für den Monat Dezember 2014. Soweit jedoch das Gehalt aus Dezember 2014 erst am 1.1.2015 ausgezahlt wird, so reduziert sich das Hartz IV erst im Januar 2015.

Dies hat in der Vergangenheit zu Streitigkeiten geführt in den Fällen, wenn der Arbeitgeber das im Dezember 2014 erarbeitete Gehalt erst am 1.1.2015 und dann das im Januar 2015 erarbeitete Gehalt bereits am 31.1.2015 ausgezahlt hat. In diesen Fällen lag ein doppelter Gehaltszufluss in einem Monat aus Gehältern vor, die in zwei unterschiedlichen Monaten erarbeitet worden sind. Konsequenterweise müssten dann auch 2 x die Freibeträge von den aus zwei Monaten erzielten Erwerbseinkommen abgesetzt werden. Genau diese Rechtsansicht hat nun das Bundessozialgericht Urteil vom 17.07.2014, Aktenzeichen B 14 AS 25/13 R, bestätigt.