Zwang zur Rentenantragsstellung durch die Jobcenter?

Hartz IV

Zwang zur Rentenantragsstellung durch das Jobcenter? Was sich wie eine Absurdität anhört, weil es regelmäßig mit Rentenkürzungen zusammenhängt, ist gesetzliche Realität! Ältere Arbeitslose machen mit dieser Möglichkeit des Jobcenters, welche sich aus § 5 Abs. 3 SGB II schöpft, vermehrt Bekanntschaft.

In einem von Rechtsanwalt Schauer betreuten Fall konnte das Jobcenter mit dieser Vorgehensweise (SG Berlin, Beschluss vom 28. Oktober 2013, S 102 AS 24257/13 ER) vorläufig gestoppt werden. Hier hatte sich das Jobcenter widersprüchlich verhalten: Einerseits sollte die Mandantin auf dem Arbeitsmarkt keinerlei Chance mehr haben – daher die frühzeitige Rente, gleichzeitig gab es jedoch eine Eingliederungsvereinbarung, nach der die Mandantin auf dem Arbeitsmarkt tätig werden sollte. 

Auch sonst sind die Anforderungen zur „Zwangsverrentung“ von der Rechtsprechung recht hoch. So schreibt unser Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 27. September 2013, L 28 AS 2330/13 B ER) gegen einen offenbar recht behördenfreundlichen Sozialrichter aus Cottbus:

Der Antragsgegner muss daher seine Gründe für die Verpflichtung der Antragstellerin zur Rentenantragstellung bereits in seinem Aufforderungsschreiben darlegen. Bei seiner Ermessensausübung sind etwa die voraussichtliche Dauer oder Höhe des Leistungsbezugs, absehbarer Einkommenszufluss oder dauerhafte Krankheit zu berücksichtigen. Insbesondere in Bezug auf die Stellung eines vorzeitigen Altersrentenantrags ist zu berücksichtigen, dass der Leistungsberechtigte als Altersrentner von Leistungen nach dem SGB II – und damit auch von solchen nach §§ 16 ff. – ausgeschlossen ist. Zudem ist die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente regelmäßig mit Abschlägen verbunden […] Von diesem Ermessen hat der Antragsgegner in dem Bescheid vom 19. März 2013 keinen Gebrauch gemacht bzw. im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht. Er enthält keine Ausführungen, die erkennen lassen, dass der Antragsgegner die Verpflichtung zur Ausübung des Ermessens erfüllt. Damit liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor. Das Gericht stellt deutlich klar, dass die Entscheidung zur Zwangsverrentung eine gut überlegte Ausnahme und nicht die Regel sein soll. Schon gar nicht soll das Jobcenter hier eine Möglichkeit bekommen, „Kunden“ einfach wie auf dem Verschiebebahnhof zu einer anderen Behörde abzuschieben!