Der folgende Fall ist gar nicht untypisch in der Praxis:
Der Mieter bezog seit langer Zeit Hartz IV. Auch die Miete sowie die Nebenkosten wurden vom Jobcenter übernommen. Wegen angeblicher fehlender Mitwirkung in einem vom Jobcenter eingeleiteten Rentenverfahren strich es dem Mieter sämtliche Leistungen. Auch die Miete wurde nicht mehr gezahlt! Es entstanden Mietrückstände. Daraufhin kündigte der Vermieter den Mietvertrag und erhob Klage gegen den Mieter auf Räumung der Wohnung. Glücklicherweise wurden später die Mietrückstände ausgeglichen und die Räumungsklage zurückgezogen! Die Kosten dafür wurden aber trotzdem dem Mieter in Rechnung gestellt.
Kosten für Räumungsklage sind grundsätzlich keine Kosten der Unterkunft
Der Mieter verlangte die Kosten dann vom Jobcenter zurück. Warum? Weil sie ihm gar nicht gestrichen hätten Denn er war der Ansicht, dass es auf die Mitwirkung seinerseits nicht ankam.
Das Jobcenter verweigerte die Zahlung. Nach dessen Ansicht gehören zu den Aufwendungen für die Unterkunft in erster Linie alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben. Kosten für eine Räumungsklage jedoch nicht.
Bei Fehlern des Jobcenters sind Kosten für Räumungsklagen als einmalig anfallende Bedarfe der Unterkunft zu berücksichtigen
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg sah das anders. Es hat in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2017 (Az. L 9 AS 1742/14) die Kosten für eine vom Vermieter erhobene Räumungsklage als Hartz IV-Leistung anerkannt!
Jedenfalls, wenn das Jobcenter die Hartz IV-Leistungen zu Unrecht nicht erbracht hat. Es hätte dem Mieter die Kosten für die Unterkunft nicht streichen dürfen. Das Gericht folgte daher der Ansicht des Mieters. Diesen traf an dem Entstehen der Mietrückstände daher keine Schuld. Vielmehr war das Jobcenter dafür verantwortlich. Dieses müsse dann eben auch die Kosten für die Räumungsklage tragen. Die Kosten sind im Zusammenhang mit dem Bedarf an Wohnraum angefallen. Sie stellen daher Unterkunftskosten dar.
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Fehler des Jobcenters müssen Hartz-IV- Bezieher zumindest in dieser Hinsicht nicht mehr selbst ausbügeln. Wieder einmal zeigt sich, dass man sich mit falschen Entscheidungen des Jobcenters nicht einfach abfinden sollte. Es bleibt abzuwarten, ob in Zukunft auch weitere Gerichte so entscheiden werden. Das Landessozialgericht hat übrigens die Überprüfung der Entscheidung zugelassen. Das Bundessozialgericht könnte die Entscheidung daher noch kippen.