Hartz IV Leistungsberechtigte dürfen nicht ohne Zustimmung des Jobcenters in eine neue, teurere Wohnung ziehen. Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen.
Zwar ist es niemandem mit Hartz IV Bezug im rechtlichen Sinne verboten, sich eine neue Wohnung zu suchen und umzuziehen. Der Prüfdienst des Jobcenters wird Ihnen nicht die Tür verbarrikadieren. Jedoch besteht das große Problem, dass das Jobcenter unter Umständen nicht verpflichtet ist, ihnen die neue Miete zu bezahlen, falls diese höher ausfällt als bisher. Bei „nicht erforderlichen Umzügen“, so heißt es in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bekommen Sie also im schlimmsten Fall nur Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der alten Miete gezahlt. Die Differenz müssen Sie selbst zahlen. So entstehen leicht Mietschulden.
Das lässt sich vermeiden. Einmal beauftragte mich beispielsweise eine Frau, die innerhalb derselben Stadt in eine leicht teurere Wohnung umgezogen war. Das Jobcenter wollte ihr daher die Differenz zur alten Miete nicht zahlen. Doch konnten wir im Verfahren beim Sozialgericht das Jobcenter überzeugen, dass der Umzug berechtigt war. Die Frau war nämlich in ihrer alten Wohngegend von Jugendlichen beleidigt, gestalked, geschubst und anderweitig körperlich bedroht wurde. Das entsprechende Wohnviertel war bereits seit einiger Zeit ordnungspolitisch in die öffentlichen Schlagzeilen geraten. Hinzu kam, dass der Vermieter auf Mangelbeseitigungsanforderungen (Wasserschäden, Einbruch in den Keller) nicht reagierte.
Weitere Fälle aus der Praxis, wo eine teurere Wohnung okay war:
- Umzug in ein anderes Gebiet (Bundesland, Region, Stadt; es kommt darauf an, ob sich der kommunale Mietenvergleichsraum ändert; BSG, Urteil vom 01.06.2010 – B 4 AS 60/09 R)
- Wohnung zu klein, zum Beispiel bei Einzug eines Partners oder Geburt eines Kindes
- Wohnung nicht behinderten- oder altersgerecht, aber es besteht ein entsprechender Bedarf
- Unzumutbarer Wohnungszustand (dauernder Schimmel, kaputte Elektrik, Einsturzgefahr, etc.; SG Berlin, Beschluss vom 04.11.2005 – S 37 AS 10013/05 ER) – Achtung: zunächst ist ein Vorgehen gegen den Vermieter erforderlich!
- Erheblicher Konflikt mit anderen Hausbewohner:innen, Streitschlichtungsversuche waren erfolglos (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.06.2007 – L 28 B 676/07 AS ER)
- Persönliche Pflege eines nahen Angehörigen, die eine Präsenz im Nahbereich erfordert
- Zustimmung des Jobcenters für Wohnungswechsel
Das ist nur eine unvollständige Aufzählung von Gründen, die für einen berechtigten Umzug in eine teurere Wohnung sprechen. Viele weitere sind denkbar, es kommt nur auf die besondere Wichtigkeit an. Wenn Sie sich unsicher sind, stellen Sie vorher einen Antrag beim Jobcenter. Eine echte Voraussetzung für den Umzug und die Übernahme der neuen Miete ist das zwar nicht. Aber es hilft, dass Sie in der neuen Wohnung nicht aus allen Wolken fallen. Mit dem (Negativ-) Bescheid des Jobcenters können Sie dann auch gerne in meine Beratung kommen!