Eine mutige Entscheidung traf das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 22.02.2013 (S 37 AS 25006/12), zur Frage der ansonsten üblichen Soforttilgung einer durch das Jobcenter gewährten darlehensweisen Mietkaution. Es sprach der Klägerin einen Anspruch auf Umwandlung des Mietkautionsdarlehen in eine Zuschuss-Leistung unter Aufrechterhaltung der dementsprechend zu modifizierenden Abtretungserklärung sowie der Rückzahlungsklauseln für den Fall der Aufgabe der Wohnung oder der Beendigung des Leistungsbezuges, zu.
Zwar soll nach § 22 Abs. 6 SGB II eine Mietkaution als Darlehen erbracht werden. Danach besteht im Regelfall die Verpflichtung, die Kaution als Darlehen unter den dann zwingenden Voraussetzungen des § 42a SGB II (vorrangiger Vermögenseinsatz, Tilgung mit den laufenden Regelleistungen) zu vergeben.
Für außergewöhnliche Sachverhalte (atypische Fallgestaltungen) räumt die Soll-Formulierung den Jobcentern jedoch die Befugnis ein, die vom Vermieter geforderte Mietsicherheit auch auf andere Weise als durch ein Mietkautionsdarlehen an den Leistungsberechtigten zu stellen.
Nach Ansicht des Sozialgerichts lag bei der Klägerin eine atypische Fallgestaltung vor. Dabei nahm es eine verfassungskonforme Auslegung vor. Danach darf es zu keiner dauerhaften Unterschreitung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums, Aushebelung des Ansparkonzepts und auch zu keiner verfestigten Bedarfsunterdeckung kommen.
Die Situation der Klägerin – Bezug einer Wohnung aus dem Zustand völliger Mittellosigkeit bei Unterbringung in einem Notquartier – unterschied sich signifikant von der eines Leistungsberechtigten mit Wohnung, der aus eigenem Wunsch oder als Reaktion auf eine Kostensenkungsaufforderung einen Wohnungswechsel planen und Vorkehrungen zur Erlangung einer tragbaren Kaution (Privatdarlehen, Kautionsversicherung etc.) treffen kann.
Dazu kam, dass die Klägerin als alleinerziehende Mutter und aufgrund ihres Lebensschicksals erhebliche Vermittlungshemmnisse bei der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben hat.Hinweis: Dieses Urteil der 37. Kammer des Sozialgerichts Berlin guckt über den Tellerrand der sozialgerichtlichen Praxis hinaus, sieht den jeweiligen einzelnen Fall und entscheidet gegen den Mainstream. Dies verdient Anerkennung und Respekt.